Einmal im Jahr zieht es mich in die Ferne. Und normalerweise gehe ich dann in die Berge. Aber dieses Jahr wollte ich etwas Neues erleben. Und so stöberte ich auf den Webseiten der namhaften Reiseveranstalter auf der Suche nach Inspiration. Und da war es: Das Bild mit der grünen, weiten Landschaft, das mich in den folgenden Tagen nicht losließ. Yorkshire, England.
Weite Hügellandschaften sind eigentlich nicht meine erste Wahl. Ich wohne nahe dem Schwarzwald und bin im Sommer gerne in den Alpen. Und ist das Wetter in England nicht eher… naja… wechselhaft? In Anbetracht der Hitzewelle hier in Deutschland aber wiederum eine willkommene Abwechslung. Also raus aus der Komfortzone, rein ins Vergnügen: Willkommen in Yorkshire 😊
Die Reise trägt den Namen „Yorkshire Ales & Dales Pub Walk“ und führt auf 6 Wanderungen durch die grünen Flusstäler der ehemaligen Grafschaft Yorkshire (die Yorkshire Dales), vorbei an kleinen Dörfern mit ihren Pubs und dem einheimischen Bier (dem englischen Ale).
Anreise und erste Eindrücke
Für die Anreise sollte man sich Zeit einplanen. Aus Deutschland gehen Flüge nach Manchester, dort mit dem Zug zunächst nach Leeds und dann weitere nach Skipton. Von dort aus geht es dann mit dem Bus weiter nach Grassington, was dann auch Start- und Endpunkt der Reise ist. Im empfehle eine extra Nacht in Skipton, da das mit den Verbindungen sonst gerade auf dem Rückweg ein wenig eng werden könnte.
In Grassington bekommen wir dann direkt einen ersten Eindruck davon, was uns in den kommenden Tagen erwartet. Grassington ist eine kleine Ortschaft (ca. 1000 Einwohner), geprägt von den für Yorkshore typischen alten Steinhäusern, kleinen Einkaufsläden und urigen Pubs. Grassington gelangte auch zur Bekanntheit, da es als Drehort für Filme und Serien genutzt wird. Allem voran die beliebte Serie „All Creatures Great and Small“ (deutscher Titel: Der Doktor und das liebe Vieh). Und der Grund liegt nahe: Hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Und genau dieses Gefühl wird uns die nächsten Tage begleiten. Wir reisen durch eine Gegend, die durch Landwirtschaft geprägt ist und Ruhe und Gelassenheit ausstrahlt.
Unterwegs in Yorkshire
Die ersten Etappen führen uns von Grassington über Cray nach Hawes. Wir überqueren etliche Schafsweiden, wandern über weite Wiesen und entlang des Flusses Wharf. Dabei war ich die meiste Zeit allein unterwegs. Allein in der weiten, grünen Landschaft.
Alle Wanderungen der Reise haben eine Länge zwischen 17 und 23 Kilometer – wobei ich auf der Etappe von Cray nach Hawes stolze 26 auf meiner Uhr getrackt hatte. Dabei liegen die Höhenmeter um die 400 und 500 Meter – mit Ausnahme der letzten beiden Etappen. Dort gilt es 600 und 700 Höhenmeter zu bewältigen. Allerdings verteilen sich die Höhenmeter in der Regel über die Strecke hinweg, so dass die Wanderung zumindest auf dem Papier kein Problem darstellen. Trotzdem sind die Etappen teilweise ganz schön anstrengend, denn der Weg verläuft meist auf unebenen Boden.
Wir gehen zwar oft auf breiteren Schotterwegen, aber immer wieder laufen wir querfeldein über Wiesen und Schafsweiden. Dabei folgen wir ausgetretenen Pfaden auf plattgetretenem Gras. Auch führt uns der Weg durch wilde Gebiete mit Heidekraut und durch Moorlandschafen. Dort ist der Weg dann besonders anstrengend, da der Weg uneben und teilweise sehr matschig ist. Wir öffnen dabei unzählige Weidegitter und steigen gefühlt hunderte Male über die kleinen Steinmauern, die die einzelnen Weiden voneinander trennen.
Lifestyle in England
Aber auch die Übernachtungen bleiben in Erinnerung. Die Gegend ist nicht sehr dicht besiedelt. In den Ortschaften, durch die wir wandern und in denen wir einkehren, leben meist weit unter 1000 Menschen. Aber jede Ortschaft hat mindestens einen lokalen Pub, der gleichzeitig Bed & Breakfast und Hotel ist. Wir speisen in urigen, dörflichen Kneipen und übernachten in hunderten von Jahren alten Steinhäusern.
Ein absolutes Highlight war das „White Lion Inn” in Cray. Ein altes Bed & Breakfast, draußen im Nirgendwo, mit einem Gastraum mit Kamin, der beim Betreten bereits nach Holzfeuer riecht, liebevoll restauriert und mit traditionellem Essen auf höchstem Niveau.
Das Essen in den Pubs reicht von ehrlicher Hausmannskost bis zu gut bürgerlicher Küche. Unbedingt probieren sollte man den Steak & Ale Pie. Dazu natürlich eines der lokalen Ales. Wer die englische Küche kennt, der weiß, dass es sich hierbei nicht unbedingt um leichte Kost handelt. Beim Frühstück gibt es neben dem deftigen „english Breaksfast“ meist auch die poschierten „Eier Benedikt“ – aber diese werden traditionell mit Sauce Hollandaise serviert. Zum Frühstück durchaus eine Herausforderung.
Am dritten Tag kam ich in den Genuß eines Personentransfers. Von Hawes wird die Reise in Keld fortgesetzt. Hier im Hochland kreuzen sich auf die beiden Fernwanderwege Coast to Coast und der Pennine Way. Die Keld Lodge ist eine Mischung aus Wanderheim und Hotel. Hier oben, auf den einsamen Hügeln in den Yorkshire Dales, haben wir die Zivilisation wirklich hinter uns gelassen. Mir kommt das Sprichwort „Wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen“ in den Kopf. Ich vermute das Sprichwort ist hier entstanden.
„Wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen…“
Ich wandere weiter, hoch über einen Rundweg zum berühmten Höhengasthaus Tan Hill Inn, das höchstgelegene Gasthaus Großbritanniens. Der Weg führt über Moorlandschaften und wilde Felder. Da es die letzte Nacht geregnet hat, ist der Weg besonders matschig.
Appropo Regen: Ich hatte Glück. Ich bin auf meiner Reise größtenteils trocken geblieben. Mit Regen muss man trotzdem immer rechnen und auch ich bin mehrmals in einen Schauer gekommen. Doch länger als eine knappe Stunde hat es auf meiner Reise nie geregnet. Durch die weiten Landschaften und Hügel, erkennt man die kommenden Regenwolken auch frühzeitig und kann sich entsprechend darauf einstellen. Ganz trocken wir man die Reise aber definitiv nicht unternehmen können.
Von Keld aus geht es dann die nächsten Tage über Reeth und Aysgarth zurück nach Kettlewell und Grassington. Zunächst führt der Weg über Heidekraut bewachsenen Hochlandschaften, bevor wir dann wieder in die grünen Täler der Yorkshire Dales absteigen.
Querfeldein durch das Hochmoor
Im Hochmoor ist aber auch wieder gute Orientierung gefragt. Gerade auf der letzten Etappe über die Moorlandschaft bei Walden auf dem Weg nach Kettlewell ist der Weg selten als solcher klar erkennbar. Oft führen mehrere Trampelpfade parallel in die gewünschte Richtung. Als Anhaltspunkt dienen Holzpflöcke, die als Markierung im Feld stehen. Doch gerne übersieht man diese. Ich hatte Glück mit dem Wetter, die Sicht war gut. Aber ich denke, wer hier im Nebel oder bei viel Regen läuft, für den stellt die Orientierung schon eine Herausforderung dar. Hier war ich froh, dass mir Abenteuerwege Reisen auch die GPX-Daten der Wanderungen bereitgestellt hatte.
Auch die Höhenmeter der letzten beiden Etappen machen sich bemerkbar. Haben die ersten 4 Touren noch zwischen 400 und 500 Höhenmeter, so bewältigen wir am Ende dann doch nochmal 600 und 700 Höhenmeter. Durch den unebenen Grund auf Wiesen, Feldern und Moorlandschaft, sind diese aber nochmals besonders anstrengend.
“‘E’s in fine fettle.”
Aber davon sollte man sich nicht abschrecken lassen. Die Touren sind alle durchweg angenehm zu laufen und liefern uns ein unglaublich schönes Naturerlebnis.
Was bleibt sind Erinnerungen an grüne Landschaften, die vielen Schafe, dem ständigen Wolkenspiel am Himmel und den urigen gemütlichen Gasträumen der Pubs mit den leckeren Ales und dem deftigen Essen.
Yorkshire hat mich verzaubert. Yorkshire hat mich in seinen Bann gezogen. Yorkshire hat mich nicht das Letzte mal gesehen…
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