Aus unserem Logbuch

Auf dem Grenzweg zwischen Baden und Württemberg

von | Jun 13, 2020 | Unterwegs

Das erste mal als ich Kapitän Holzbart persönlich begegnete, wirkte er auf mich nicht wie in den Erzählungen über ihn. In den Geschichten wurde er als der gefährlichste, stärkste und gefürchtetste Pirat beschrieben, stark wir zehn Bären, hünenhaft in der Statur und mit teuflischem Blick. Kennenlernen durfte ich einen kleinen, mürrischen Mann mit ungepflegtem Bart, der missmutig drein blickte, aber das Herz am rechten Fleck trug.  


Ich traf Holzbart in der Schenke. Es war der erste Abend nachdem er mit seinem Schiff von einem seiner Raubzüge zurückkehrte. Er saß an seinem üblichen Platz an der Bar und erzählte voller Inbrunst von seinen Abenteuern – ob es jemand hören wollte oder nicht. 


“Diese Reise wird uns allen lange in Erinnerung bleiben!,” tönte er. Er wartete kurz ab, aber nachdem niemand im Wirtshaus auf seine Aussage reagierte, erzählte er einfach weiter: “Den Seensteig und den Zwei-Seen-Steig! Beide sind wir entlang gesegelt. Und sogar den Sankenback-Wasserfall haben wir bezwungen!” Wieder blickte er erwartungsvoll in den Raum. “Da war ich letzte Woche mit meinen Kindern unterwegs”, ertönte eine Stimme aus dem hinteren Bereich der Schenke. “Den Hund hatten wir sogar dabei”. Gelächter. 


Holzbart schnaubte, trank einen Schluck aus seinem Krug und erwiderte: “So, habt ihr das? Natürlich, habt ihr das. Und vermutlich seid ihr bis zur Aussichtsplattform beim Ellbachsee gelaufen. Und von dort aus vielleicht sogar weiter zum Kniebis? Alles schön und gut, aber das war für uns nur der Anfang der Tour! Wir sind weiter. Wir haben sogar die Grenze überschritten.” 

Stille. Aber nicht weil die Anwesenden von Holzbarts Erzählungen beeindruckt waren, sondern weil eine Frage im Raum stand. Ich fasste mir Mut und sprach den Kapitän direkt an: “Von welcher Grenze sprecht ihr?”.


Holzbart blickte mich direkt an und begann zu lächeln. Er hatte wohl seinen Zuhörer ausgemacht. “Die Grenze zwischen Baden und Württemberg.” Er machte eine künstlerische Pause. “Wir sind sie entlang marschiert. Bis nach Freudenstadt. Und dabei haben wir sie sogar mehrmals übertreten”. Er blickte mich an und wartete auf eine Reaktion meinerseits. Ich überlegte was ich antworten könnte, aber mehr als “Ihr wart im Schwabenländle?” kam bei mir nicht heraus. Holzbart verdrehte die Augen: “Schwäbisch ist nicht identisch mit württembergisch, aber alle Württemberger sind auf jeden Fall Schwaben – hab ich irgendwo gelesen.” “Habt ihr denn auch welche gesehen,” fragte der Wirt. “Wen? Württemberger? Ja, einige”, entgegnete Holzbart. “Und wie waren die so?” “Naja,” lachte Holzbart, “grüßen können sie schon mal nicht, also zumindest die, die wir getroffen haben”. 


Er trank einen weiteren Schluck aus seinem Krug. “Wie dem auch sei, wir sind den Grenzweg entlang. Stundenlang nur schmale Pfade. Selten habe ich sowas erlebt. Sehr beeindruckend.” Er nickte anerkennend seinem Krug zu. “Habt ihr was entdeckt?”, fragte ich zaghaft. “Oh ja,” erwiderte Holzbart ohne aufzuschauen, “viele andere Wege haben wir gekreuzt. Einigen sind wir sogar gefolgt. Wir waren nicht bloß auf einem Weg unterwegs, wir haben hunderte andere entdeckt. Viele von denen kannten wir bisher nur aus Erzählungen.” Er verstummte. 


Tage später sprach ich mit Holzbarts Schiffsmaat und dieser bestätigte die Erzählungen seines Kapitäns. Sicherlich hat der Alte hier und da ein wenig übertrieben, aber alles in allem hatte er stets die Wahrheit erzählt. Man sagt, gerade seine Übertreibungen animierten junge Piraten dazu, selbst auf Raubzüge zu gehen und die Region auf eigene Faust zu erkunden. Daher wurde dem guten alten Holzbart nach seinem Tod wohl zurecht eine Statue errichtet. Er mag in Frieden ruhen, aber seine Geschichten sind längst noch nicht alle erzählt.


Aus “Memoiren eines Piraten”, Buch 1 “Holzbart und die Erforschung des Schwarzwalds”

Ja, Holzbarts Erzählungen stimmen. Es gibt Wanderungen die nachwirken und in Erinnerung bleiben. Die Tour von Baiersbronn nach Freudenstadt über den Sankenbach Wasserfall und über Kniebis ist eine von ihnen. 

Die Tourenbeschreibung gibt es [hier] auf unserer Webseite

Sankenbachwasserfall

Wir sind von Baiersbronn aus gestartet ohne wirklich zu wissen was uns erwartet. Zunächst läuft die Tour entlang des Seensteigs. Da Freitag auch Brückentag war, war doch recht viel los. Zumindest auf dem ersten Drittel der Tour. Der Seensteig führte uns zum Sankenbachsee und den Sankenbachwasserfall nach oben. Der Aufstieg ist recht knackig, aber es ist auch der einzig richtige Aufstieg auf dieser Tour. Grundsätzlich aber ein schöner Weg. Das zweite Highlight ist die Aussichtsplattform Ellbachsee. Von dort hatten wir einen grandiosen Ausblick ins Tal bis hinüber zur Hornisgrinde. Hier war dann aber auch recht viel los. Und am meisten viel hier mal wieder auf, wie wenige Menschen sich aktuell an die Abstandsregeln halten. Trotz Schildern an der Aussichtsplattform die auf die 1,50m Abstandsregeln erinnerten, hielt sich kaum jemand dran. Mich persönlich nervt diese Ignoranz der Menschen momentan enorm! Aber nun gut… 

Mit Ziel Kniebis-Hütte haben wir schließlich den Seensteig verlassen. Da auch die Kniebishütte ziemlich gut besucht war war, beschlossen wir einfach weiter zulaufen und siehe da: Etwas unterhalb der Hütte auf dem Skihang gibt es eine Bank von der aus man auch eine schöne Aussicht hat. Diese lädt zu einer Rast ein. 

Grundsätzlich ist das Gebiet rund um Kniebis vor allem für Familien zu empfehlen. Es gibt etlich kleinere Wanderwege und Lehrpfade. Neben einem Pflanzen-Lehrpfad kreuzten wir etlich kleinere abenteuerliche Erlebnispfade. Wer hier mehr wissen möchte sollte mal auf der Webseite des Schwarzwald-Tourismus nachschauen. Dort findet sich unter anderem das Räuberwegle. Und davon gibt es noch viel mehr. Und auf der Webseite familien-ferien.de gibt es auch eine Liste mit Erlebnispfaden

Je weiter wir uns von Kniebis entfernt hatten, umso weniger Verkehr gab es auf den Wegen. Der zweite Teil der Tour führt fast ausschließlich über kleine schmale Waldpfade. Wir folgen dabei dem Grenzweg, der ehemalige baden-württembergische Grenze, der auch zu den Genießerpfaden Schwarzwald gehört. 

Wir sind schon viele Touren gelaufen, die stellenweise auf schmalen Waldpfaden führten, aber der Grenzweg sticht hier mit Abstand heraus. Ich kenne keine andere Tour bei der man so lange auf einem schmalen Pfad wandert wie auf dieser. Das hat uns beeindruckt. Kilometerlang nur ein schmaler Pfad, der nur selten durch kurze Passagen über Waldwege oder Schotterwege unterbrochen wird. Das hat richtig Spaß gemacht. 

Situationskomik: Nachdem wir das erste Mal die Grenze nach Württemberg überschritten hatten, grüßte irgendwie niemand mehr. Das liegt sicher nicht an den Württembergern, von daher entschuldige ich mich hiermit in aller Förmlichkeit, aber uns fiel das so extrem auf, dass ich das in der Holzbart-Geschichte einfach verarbeiten musste. 

Kilometerlang nur schmale Pfade 🙂

Während wir auf dem Grenzweg liefen, haben wir kaum noch Menschen getroffen. Irgendwann kamen uns ein paar Mountainbiker entgegen. Aber das war es auch schon. Das war schon sehr beeindruckend: Kilometerlang alleine über einen schmalen Pfad. Das sind dann die Stellen an die man noch lange zurückdenkt… 

Irgendwann erreichten wir dann die Ortschaft Oberer Zwieselberg. Hier stießen wir dann auf den Mittelweg, dem wir einen großteil der letzten Kilometer folgten. Der Mittelweg gehört zu dem Dreiklang West-, Ost- und Mittelweg, die drei Nord-Süd-Fernwanderstrecken durch den Schwarzwald. Der Mittelweg läuft von Pforzheim nach Waldshut. 

Die ganze Region um Freudenstadt hat auch sonst einiges zu bieten. Je näher wir nach Freudenstadt kamen, um so mehr Wanderwege waren ausgeschildert. Auf den Schildern lassen wir Dinge wie “Tannenriesen”, “Lach-Yoga-Weg”, “Heilklima Wandern”, “Rund um den Kienberg” und einiges mehr. Ich denke wir werden uns die Region nochmal genauer anschauen müssen… 😉

Nach insgesamt 25 Kilometern erreichten wir schließlich Freudenstadt und sind mit der S-Bahn zurück nach Baiersbronn. 

Wir können die Tour nur empfehlen und haben sie auch gleich in unser Repertoire aufgenommen.

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